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Binationale Beziehungen

9. Dezember 2019

Einer zieht den Kürzeren

Einer Statistik zufolge heiraten deutsche Frauen am häufigsten Türken, Italiener oder Österreicher. Deutsche Männer bevorzugen Türkinnen, Polinnen und Russinnen an ihrer Seite.

Partner aus unterschiedlichen Kulturen haben es oft nicht leicht. Da kann die Frage nach dem Zucker oder auch die freundliche Bitte, die Socken wegzuräumen, auch schon einmal zum echten Problem werden. Hat die Beziehung überhaupt einen Sinn, wenn selbst die banalsten Alltagsfragen zur Hürde werden? Sprachwissenschaftlern zufolge müssten Partner aus verschiedenen Kulturen idealerweise wahre Kommunikationsexperten sein. Andernfalls kann es schnell zu Missverständnissen kommen. Das, was man in einer anderen Sprache als der Muttersprache äußert, bedeutet nicht zwingend auch das, was derjenige aussagen will. Hierbei geht es um weit mehr als nur Vokabeln und Grammatik.

Die Bundesgeschäftsführerin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften, Hiltrud Stöcker-Zafari, behauptet, dass die Missverständnisse zwischen Partnern unterschiedlicher Herkunft vor allem durch Konnotationen bedingt seien, die nur dem Muttersprachler selbst bewusst seien. Wortbedeutungen, die in einer Sprache in einem Wort „mitschwingen“, gehen in anderen Sprachen oftmals unter. Dieser disruptive Prozess beginnt häufig schon mit einer einfachen Übersetzung. Paartherapeutin Vera Matt spricht in diesem Zusammenhang von einem „Blindflug“, in dem die meisten gar nicht wissen, was sie mit ihrer Sprache eigentlich anrichten.

Genau deshalb ist es unbedingt notwendig, dass der Partner die Kultur und damit auch die Sprache des jeweils anderen kennenlernt und bestenfalls versteht. Erfahrungen mit der anderen Kultur und die entsprechenden Sprachkenntnisse können dabei helfen, die feinen Nuancen in Ausdrücken zu identifizieren und dadurch richtig zu interpretieren. Voraussetzung hierfür ist es, die Kommunikationsregeln der anderen Sprache zu beherrschen. Beispielsweise haben die Japaner Regeln dafür entwickelt, wie lange jemand sprechen darf. Wer einfach weiterredet oder gar jemanden unterbricht, gilt unter Japanern als unhöflich.

Auch die Wahl des geeigneten Wohnortes ist in binationalen Beziehungen nicht unerheblich. Die Aufgabe der eigenen Heimat ist für die meisten ein großer Verlust. Ist man sich vor einigen Monaten noch auf Augenhöhe begegnet, ist nun plötzlich der Partner der Kulturexperte. Für viele bedeutet dies eine „Verschiebung“ in der Beziehung – von Kompetenzen, Einfluss und nicht zuletzt von Vertrauen. Solange der Zugezogene die Sprache nicht beherrscht, besteht ein Machtgefälle. Versucht der andere seinem Partner zu helfen, ist echtes Fingerspitzengefühl gefragt. Denn es geht darum, dem Partner zu helfen, ohne ihm gleich alles abzunehmen.

Eine eigene kulturelle Community vor Ort kann demjenigen den Einstieg erleichtern. Derartige Kulturzentren können Rat und Hilfe bieten und ggf. auch einen neuen Freundeskreis. In einem fremden Land geht selten jemand einfach auf einen zu, um ihm seine Freundschaft anzubieten. Gute Startpunkte, um neue Kontakte zu knüpfen, sind z. B. Arbeit und Sport. Der Freundeskreis des Partners kann für Zugezogene ebenfalls von tragender Bedeutung sein. Allerdings können auch hier Abhängigkeiten entstehen, die wiederum zu Konflikten führen könnten. Konfliktlösend wirken hingegen gemeinsame Urlaube. Hier sind beide gleich fremd, gleich hilflos und man kann das Fremde gemeinsam verarbeiten. Idealerweise sollte es sich bei dem Urlaubsort nicht um das Heimatland des Partners handeln…

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