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„Talk dirty to me“

6. Oktober 2019

Die Macht des gesprochenen Wortes

„Talk dirty“ heißt die zweite Single von Jason Derulos neuem Album „Tattoos“. Aber was genau steckt hinter diesem Appell? „Mausi“, „Hase“ und „Bärchen“ gehören zu den beliebtesten deutschen Kosenamen. Aber warum lassen sich die Deutschen überhaupt Kosenamen für ihre Liebsten einfallen? Ist diese Verniedlichung nicht eine Form der Erniedrigung? It depends – Studien zufolge erzeugt die „Kuschelsprache“ nämlich Harmonie. Sich oder andere dabei in eine kindliche Rolle zu versetzen, kann für den einen oder anderen unter Umständen sogar sexuell erregend sein. Der Kosename „Baby“ soll sogar eine beruhigende Wirkung auf Frauen haben. Der Ausdruck setzt eine Wechselwirkung in Gang, in der der/die eine zur Vater-/Mutterfigur und der/die andere zum „Kind“ wird. Auf manche mag das moralisch fragwürdig wirken, auf andere wiederum erotisch stimulierend. Vielen Erwachsenen fällt es eher schwer, ihre infantile Seite erotisch zu besetzen.

Sind Kosenamen Manifestationen von Beziehungsqualität? Signifikant werden Kosenamen erst dann, wenn ein Paar ausschließlich eine bestimmte Formulierung verwendet. Maßgebend ist auch die Form der Ansprache: Es macht durchaus einen Unterschied, ob jemand zu einem intransitiven Objekt oder zu einem präpositionalen Objekt dekliniert wird. Während der/die eine dadurch zum passiven Objekt wird, wird der/die andere zum Subjekt eines ausgeglichenen Miteinanders. Welche Bedeutung hat nun der Dirty Talk vor diesem Hintergrund? Beim Dirty Talk geht es weniger um den Sachverhalt als um eine latente Aussageabsicht. Oftmals geht es auch einfach nur um die Stimmlage, die dazu eingesetzt wird, um das Gegenüber sexuell zu erregen. Der Umstand, dass man das, was gerade geschieht, bzw. das, was kurz bevorsteht, noch einmal verbalisiert und ins Bewusstsein ruft, intensiviert die jeweilige Erfahrung meist um ein Vielfaches.

Überdies besteht die Möglichkeit, über den Dirty Talk zu (sexuellen) Handlungen aufzufordern. Auch lassen sich – ungeachtet dessen, was gerade geschieht – Fantasien heraufbeschwören, die als stimulierend empfunden werden. Warum können selbst vulgäre Ausdrücke stimulierend wirken? Obszöne Ausdrücke bieten die Möglichkeit, die Ebene der Gleichstellung zu verlassen. Auch wenn „Schlampe“ im alltäglichen Gebrauch eindeutig negativ konnotiert ist, kann der Begriff im sexuellen Kontext ein Gefühl der Anerkennung erzeugen. Bezeichnet ein Mann seine Partnerin (liebevoll) als „Schlampe“, zeigt er damit unter Umständen, dass er sie als sexuell selbstständige Person anerkennt. Eine „Schlampe“ kann neben einer unordentlichen Person genauso gut eine Person sein, die sich ihrer selbst und ihrer sexuellen Bedürfnisse sehr sicher ist und diese auch einfordert. Asymmetrien, die im alltäglichen Leben tendenziell als diskriminierend wirken, erzeugen im Dirty Talk hingegenstimulierende Synergien. Hierbei ist allerdings besondere Vorsicht geboten sowie Empathie und Verständnis für den jeweils anderen und seinen Erfahrungshintergrund.

Entscheidend ist, dass beiden bewusst ist, dass es sich lediglich um ein „(Wort-)Spiel“ handelt. Unter den Deutschen ist der Dirty Talk allerdings deutlich weniger beliebt als in anderen Ländern: Nur 27 % der Deutschen (darunter mehr Frauen als Männer) bewegen sich im romantischen Sprachgebrauch auch einmal „unter der Gürtellinie“. Als besonders aufgeschlossen für die sexuellen Wortspielchen gelten die Italiener, dicht gefolgt von den Spaniern und den Briten. Zu den „Flirtmuffeln“ gehören neben den Deutschen hingegen die Niederländer und die Franzosen. Wer sich dennoch dazu entschließen sollte, seine Beziehung durch eine verbale Exkursion kurzweilig „auf Abwege“ zu führen, sollte dabei vor allem die folgenden Regeln beachten: Sprechen Sie offen und direkt. Achten Sie auf die richtige Wortwahl. Stellen Sie einen Bezug zum Machbaren her. Der Ton macht die Musik. Wählen Sie die richtige Lautstärke – meist reicht schon ein leises Hauchen. Und zu guter Letzt: Stehen Sie zu Ihrem Wort 😉

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