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„Euro-Englisch“

12. November 2018

Wie gut ist das Englisch der Europäer wirklich?

Englisch ist allgemein bekannt als die „Lingua franca“ (Verkehrssprache) des europäischen Raums. Psychologen und Sprachwissenschaftler behaupten sogar, dass die englische Sprache die Quelle einer kollektiven Identität sei. Eine gemeinsame Sprache sei die Voraussetzung für eine gemeinsame Kultur, wie es etwa die englische Sprache für die europäische Kultur sei. Ethnologen sprechen in diesem Kontext von einem identitätsstiftenden „Euro-Englisch“. Euro-Englisch ist ein kulturelles Tool, um eine kollektive Identität zu generieren. Aber wie gut sind die Englischkenntnisse der Europäer wirklich?

Bottom-up: Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf Italien und Spanien. Laut dem English Proficiency Index 2018 haben sich die Italiener im Vergleich zur Messung 2017 zwar verbessert; im europaweiten Vergleich 2018 bilden die Südeuropäer jedoch ganz klar das Schlussschlicht der Englisch-Sprachrankings. Das internationale Bildungsinstitut Education First hat das Englisch-Sprachniveau von 88 nicht-muttersprachlichen Ländern verglichen und dabei Ungeahntes aufgedeckt.

Bei der Prüfung der 1.3 Millionen europäischen Teilnehmer landeten die Franzosen mit einer “moderate proficiency” noch auf dem 35. Platz. Der English Proficiency Index misst die englischen Sprachkenntnisse in fünf Stufen. Diese reichen von „very high proficiency“ (differenzierte Anwendung der Zielsprache, Lesen und Verstehen anspruchsvoller Texte, verhandlungssichere Sprachkenntnisse) bis hin zu „very low proficiency“ (Begrüßung und Vorstellung in der Zielsprache, Verstehen der wichtigsten Zeichen, Erteilen basaler Instruktionen). Und wer ist auf Platz 1?

Im Jahr 2017 waren es noch die Niederländer; 2018 haben sich allerdings die Schweden gegenüber allen anderen EU-Ländern behauptet und bilden nun die signifikante Spitze des Rankings als „the world’s best non-native English speakers“. Damit verdrängen sie die Niederlande auf Platz 2. Auch Dänemark, Deutschland und Belgien erzielten moderate Ergebnisse und wurden mit einer „very high proficiency“ ausgezeichnet. Deutliche Defizite zeigten Griechenland, Portugal und Ungarn mit einer „very low proficiency“, so wie auch sieben weitere EU-Länder.

Aufschlussreich war auch die internationale Auswertung der Englischkenntnisse. Denn insgesamt verfügen die Europäer über bessere Englischkenntnisse als alle anderen nicht-muttersprachlichen Regionen der Welt. Auf dem letzten Platz landete Libyen, dicht gefolgt vom Irak, Usbekistan und Kambodscha mit einer eindeutigen „very low proficiency“. Education First zufolge erfordere es einen Paradigmenwechsel, um die Englischkenntnisse europa- und auch weltweit auf ein höheres Niveau zu verlagern: z. B. die Anerkennung der englischen Sprache als Schlüsselqualifikation, Englischunterricht ab der Grundschule und mehr O-Ton-Ausstrahlungen im nationalen Fernsehen.

Insbesondere Politiker, wie etwa Chirac oder Schröder, haben sich in der Vergangenheit persönlich angegriffen gefühlt, wenn sie auf offiziellen Veranstaltungen nicht in ihrer Nationalsprache angesprochen wurden. Die Förderung von Englisch als Lingua franca ist jedoch keineswegs als „Kriegserklärung“ an die Herkunftssprachen der Nationalstaaten zu verstehen. Abschließend seien noch einmal vier wichtige Argumente genannt, die Englisch als Lingua franca rechtfertigen:

  1. Englisch ist die meist gesprochene Fremdsprache der Welt.
  2. Die Förderung einer Fremdsprache verbessert die Verständigungsmöglichkeiten innerhalb Europas enorm, was wiederum mit einer Reihe von sozialen, politischen und wirtschaftlichen Vorteilen verbunden ist.
  3. Die Etablierung des Englischen als Lingua franca hat nicht zwingend die Dominanz angloamerikanischer Weltsichten und Werte zur Folge, was von vielen als kritisch betrachtet würde.
  4. Ungerechtigkeiten durch die Privilegierung einer Fremdsprache können durch entsprechende Fördermaßnahmen partiell kompensiert werden.

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