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Je suis désolée – Je ne sais pas

28. März 2017

Geständnisse einer Französischlehrerin

Interviewer:
Frau S., warum haben Sie sich dazu entschlossen, dieses Interview mit uns zu führen?

Frau S.:
Ganz einfach, weil ich weiß, dass da noch mehr Menschen sind, die dasselbe Problem haben wie ich, sich aber einfach nicht trauen, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, geschweige denn, sich damit überhaupt an jemanden zu wenden. Ich denke, dass es den Betroffenen eine gewisse Sicherheit gibt, wenn sie sehen, dass sie mit ihrem Problem nicht alleine sind.

Interviewer:
Sie haben sich vor etwa einem Monat in einer Sprachschule angemeldet. Inwiefern hat diese Anmeldung etwas mit Ihrem Problem zu tun?

Frau S.:
Zunächst einmal war genau das mein Problem – die Anmeldung. Wie Sie wissen, habe ich Französisch auf Lehramt studiert. Und ich habe wirklich geglaubt, dass die mich fragen, ob ich noch bei Sinnen wäre, wenn ich mich als Französischlehrerin für einen Französisch-Kurs anmelde. Es war mir einfach peinlich…

Interviewer:
Das klingt in der Tat zunächst etwas ungewöhnlich. Woher kam diese Entscheidung?

Frau S.:
Naja, ich unterrichte jetzt erst seit knapp einem Jahr Französisch, als Deutsch-Muttersprachlerin. Die Grammatik und alles andere, was zum Sprachregelwerk gehört, beherrsche ich im Schlaf. Aber ich bin nun einmal keine gebürtige Französin und habe die meiste Zeit meines Lebens Deutsch gesprochen. Ich bin einsprachig aufgewachsen, habe dann an einer deutschen Universität Französisch studiert, wo die meisten Dozenten Deutsch-Muttersprachler waren. Der Großteil meiner Kommilitonen war deutschstämmig und da ist keiner auf die Idee gekommen, in den Pausen oder auch in der Freizeit auch einmal Französisch zu sprechen. Wie sehr mich das in meiner sprachlichen Entwicklung eingeschränkt hat, habe ich bereits während meines Erasmus-Semesters in Grenoble gemerkt. Ich konnte mich in den ersten Wochen kaum verständigen, um ehrlich zu sein.

Interviewer:
Ja, es ist in der Tat ein Unterschied, ob man Französisch mit Deutschen oder Muttersprachlern lernt bzw. spricht.

Frau S.:
Genau das. Der Unterschied beginnt schon bei der Betonung, ganz zu schweigen von der Phonologie, die im Französischen im Vergleich zu anderen Fremdsprachen, wie z. B. Englisch, auch noch einmal eine besondere Herausforderung darstellt. Es geht da um ganze Wortmelodien, aber auch um idiomatische Ausdrücke und auch um umgangssprachliche Wendungen, die ich trotz meines Studiums in Grenoble erst einmal neu lernen musste.

Interviewer:
Jetzt haben Sie trotz Ihres „sprachlichen Defizits“ – wenn Sie es so nennen wollen – Ihr zweites Staatsexamen bestanden und unterrichten – wenn ich Sie richtig verstanden habe – an einem Gymnasium Französisch in der Unter- und Oberstufe.

Frau S.:
Richtig, und genau da liegt das Hauptproblem. In Sek. I komme ich prima zurecht, fühle mich kompetent und fachlich gut ausgestattet, aber in Sek. II sieht das teilweise schon ein bisschen anders aus. Nehmen wir einmal ein Beispiel vom Herbst letzten Jahres: Da fragte mich ein Schüler, was „Studiengebühren“ auf Französisch hieße. Und da habe ich erst einmal geschluckt. Ich wusste es einfach nicht. Wir haben zwar Wörterbücher in den Klassenräumen liegen, aber diese Blöße will man sich natürlich nicht geben. Ich sagte ihm dann einfach, dass es dafür mehrere Ausdrücke gebe und ich ihm zu einem späteren Zeitpunkt antworten würde. Nachdem ich die Übersetzung in der Fünf-Minuten-Pause in meiner Smartphone-App nachgeschaut hatte, konnte ich ihm dann die Antwort geben. Aber es war natürlich trotzdem sehr unangenehm.

Interviewer:
Wann kam der Schlüsselmoment, als Sie sich dachten „So geht es nicht weiter!“?

Frau S.:
Der kam Anfang letzten Monats, als mir meine ehemalige Nachbarin von der Sprachschule Stark erzählte. Ich hatte mich ihr nämlich anvertraut und ihr von meiner Sorge erzählt, mich in einem Französisch-Sprachkurs komplett zu blamieren. Und da kam der entscheidende Tipp: Einzelcoaching.

Interviewer:
Einzelcoaching? Was darf ich darunter verstehen?

Frau S.:
Einzelcoaching beinhaltet den Einzelunterricht mit einem Sprachdozenten. Ich bin derzeit bei einer jungen Französisch-Muttersprachlerin und ich muss sagen: Ich bin total begeistert! Anfangs hatte ich auch hier Hemmungen, insbesondere, weil sie so jung ist und ich mir noch „kleiner“ vorkam als ohnehin schon. Aber Madame G. ist so einfühlsam und freundlich, dass der Unterricht einfach nur Spaß macht. Sie kennt meine Vorbildung und weiß, dass ich selbst Lehrerin bin, macht das aber gar nicht zum Thema. Für sie bin ich in erster Linie Schülerin und mir ist das vollkommen recht.

Interviewer:
Wo findet der Unterricht statt?

Frau S.:
Bei mir am Küchentisch. ((lacht)) Absolut diskret… vertraut… fast schon gemütlich. Ich muss keinen Schritt vor die Tür machen… So kann mich auch keiner erwischen! Meine Schüler wissen natürlich nichts davon…

Interviewer:
Sehen Sie denn schon erste Lernerfolge?

Frau S.:
Erste Lernerfolge? Ich habe das Gefühl, schon in der ersten Woche mehr gelernt zu haben als im gesamten ersten Studiensemester. Mein Französisch hat sich enorm verbessert, vor allem auch, weil ich mir quasi selbst aussuchen kann, was wir im Unterricht besprechen. Also, das ist wirklich großartig! Es ist normalerweise immer eine Herausforderung, den allgemeinen Wortschatz in einer Fremdsprache auszubauen. Da heißt es immer „Schauen Sie französische Filme mit deutschen Untertiteln…“ – oder umgekehrt – oder „Gehen Sie ins Ausland…“. Aber wirklich spezifisches Vokabular lernt man so nicht. Und genau das bietet mir Madame G..
Wir tauschen uns in regelmäßigen Abständen darüber aus, was aktuell und künftig für Themen im Unterricht besprochen werden und üben dann den entsprechenden Wortschatz anhand von Texten, Hörspielen, Rollenspielen, Arbeitsblättern und kurzen Tests ein. Wenn das Wetter gut ist, gehen wir sogar manchmal nach draußen in den Park zum Lernen. Ich bin sehr zufrieden!

Interviewer:
Wunderbar, Frau S., ich danke Ihnen für Ihre Zeit und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg – als Lehrerin und auch als Schülerin!

Frau S.:
((lacht)) Vielen Dank!

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